Abrechnung beim Zahnarzt – Alte Gebührenordnung versus neuer Stand der Zahnmedizin
Was macht einen „guten Zahnarzt“ aus? Den Umfragen nach antworten Patienten an erster Stelle „eine ausführliche Beratung“, „nimmt sich Zeit“ und „sorgfältiges, gründliches Arbeiten“. Als Zahnärzte freuen wir uns, dass unsere Patienten unser Know-how und die Zeit, die wir uns für die gründliche Diagnose und Behandlung nehmen, wertschätzen. Allerdings müssen wir für unsere Arbeit auch vergütet werden. Als Selbständige unterscheiden sich Zahnärzte in dieser Hinsicht nicht von Rechtsanwälten oder Beratern, deren Zeit und Know-How in Form von Stundensätzen honoriert werden. Je nach Kompetenz, Erfahrung, Erfolgsaussicht, Komplexität des Falles und Reputation verlangen einige dieser Selbständigen vielfach höhere Sätze als andere.
Im Vergleich zu diesen berechnen wir unsere Sätze auf der Grundlage der privaten Gebührenordnung (GOZ), so dass die Variabilität im x-fachen Satz reflektiert wird. So kommt es beim Zahnarzt vor, dass wir teilweise Steigerungssätze über dem 3,5-fachen Satz für Leistungen ansetzen müssen, die nach der privaten Gebührenordnung abgerechnet werden (je nach Komplexität des Falles, Qualität der Behandlung etc. zum Beispiel der Faktor 4,5 oder 6). Dies ist für Patienten, die sich üblicherweise nicht mit der Gebührenordnung befassen, nicht ganz durchsichtig. Die heutige Abrechnung beim Zahnarzt hat verschiedene Gründe, die wir Ihnen hier gerne erklären möchten:
Im Jahr 2012 haben wir Zahnärzte eine neue Gebührenordnung erhalten, aber in dieser wurde keine Anpassung an die allgemeine Preisentwicklung vorgenommen. Die Honorare für zahnärztliche Leistungen entsprechen demnach, trotz der neuen Gebührenordnung, denen von 1988 bzw. 1965. Dies entspricht weder den in den Jahren gestiegenen Kosten noch den neuen weiterentwickeltenTechnologien, Materialien und Behandlungen, die uns heute zur Verfügung stehen und die wir unseren Patienten bieten – höchste Qualität ist unser Anspruch. Daher ist es heute bei vielen Behandlungen aus wirtschaftlichen Gründen einfach unmöglich, zu diesen Gebührensätzen eine vernünftige Arbeit zu erbringen und dabei gleichzeitig alle gesetzlich vorgeschriebenen Vorgaben (insbesondere Hygiene, Qualitätsmanagement, Arbeitssicherheit, Arbeitnehmerleistungen, Medizinprodukteverordnung, Abrechnungsvorgaben etc.) für das Wohl des Patienten und des eigenen Betriebes einzuhalten.
Hinzu kommt, dass die Zahlenwerte der Faktoren für Patienten irreführend sind. Im Text der privaten Gebührenordnung (GOZ) steht dazu:
„ Die Höhe der einzelnen Gebühr bemisst sich nach dem Einfachen bis Dreieinhalbfachen des Gebührensatzes. […] Der 2,3-fache Gebührensatz bildet die nach Schwierigkeit und Zeitaufwand durchschnittliche Leistung ab. “
Allerdings ist die GOZ so bemessen, dass in vielen Fällen erst der 2,3-fache Satz der GOZ (und in einigen Fällen sogar der Faktor 4-6) dem Honorar der gesetzlichen Krankenkasse entspricht. Im Vergleich dazu entspricht bei der ärztlichen Abrechnung der einfache Satz dem Kassenhonorar. Mit einer entsprechenden Begründung sind die Krankenversicherungen (Spezialtarife ausgenommen) verpflichtet, die Leistungen bis zum 3,5 fachen Satz zu erstatten und die meisten (aber nicht alle!) Kostenträger erstatten auch nur genau bis zu dieser Grenze.
Diese Entwicklungen haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass jeder Zahnarzt, der eine korrekt geführte Praxis betreibt und dabei eine durchschnittliche (!) Qualität anbietet, standardmäßig zum 3,5 fachen Satz abrechnen muss.
Ihr Zahnarzt „verkauft“ nicht eine Krone oder eine Füllung sondern wendet seine Erfahrung sowie sein Können, Konzentration und Anstrengung darauf auf, seinen Patienten eine lebenslange Mundgesundheit zu ermöglichen. Eine umfassende Diagnostik („nimmt sich Zeit“), persönliche Planung („eine ausführliche Beratung“) und individuelle Behandlung auf überdurchschnittlichem Niveau („sorgfältiges, gründliches Arbeiten“) muss daher entsprechend dem veranschlagten Zeitaufwand und Schwierigkeitsgrad kalkuliert und im Heil- und Kostenplan auf Basis der uns vorgeschriebenen Gebührenziffern umgesetzt werden. Obwohl wir stets versuchen, im Sinne unserer Patienten nach Möglichkeit innerhalb des „üblichen“ (weil problemlos von den Kassen erstatteten) Rahmens zu bleiben, können einige Positionen über dem 3,5 fachen Satz hinaus angesetzt sein. Dies spiegelt dann die Komplexität der Behandlung und die Qualität der erbrachten Leistung wieder. Und zur Qualität unserer Arbeit fühlen wir uns unseren Patienten verpflichtet – da wollen und können wir keine Abstriche machen.
Dr. Jan Hajtó