Das Konkrement – die Tropfsteinhöhle in unserem Mund
Als Konkrement (von lat. Concretio, das Zusammenwachsen) bezeichnet man in der Zahnmedizin eine spezielle Art von Zahnstein, der sich in ungünstigen Fällen in Zahnfleischtaschen unterhalb des Zahnfleischsaums auf der Zahnwurzel bilden kann. Es gibt keinen nicht-medizinischen Ausdruck dafür und daher soll hier kurz erklärt werden, warum es wichtig ist, dass auch Patienten Bescheid wissen, was ein Konkrement ist und warum sie so gefährlich sind.
Wie entsteht ein Konkrement?
Ein Konkrement bildet sich ebenso wie normaler Zahnstein durch die Ablagerung von Mineralien. Der weiche Zahnbelag bildet dabei die organische Matrix in der sich Kristallisationskeime formieren. Da beim normalen Zahnstein die dazu notwendigen Mineralien (Kalziumphosphatverbindungen) aus dem Speichel stammen, findet sich dieser hauptsächlich neben den großen Speicheldrüsen, also im Unterkiefer an der Innenseite der Schneidezähne und im Oberkiefer außen an den Backenzähnen. Die Mineralien beim Konkrement dagegen stammen aus dem Blutserum und der Entzündungsflüssigkeit entzündeter Zahnfleischtaschen. Daher kann ein Konkrement an jeder Stelle der Wurzeloberfläche auftreten. Die Entstehung von Konkrementen dauert wesentlich länger als die von Zahnstein und sie sind in der Regel auch deutlich härter. Konkremente sind von dunkelbraun bis schwarzer Farbe, was an den Blutbestandteilen (u.a. Eisen) liegt, die sich dort einlagern.
Warum sind Konkremente so gefährlich?
Ein Konkrement ist tückisch, da sie für den Patienten im Alltag völlig unsichtbar sind. Anders als Zahnbelag oder oberflächlichen Verfärbungen, die bei der genauen Betrachtung der eigenen Zähne im Spiegel erkennbar sind, versteckt sich das Konkrement unterhalb des Zahnfleischs. Daher bleiben sie oft über viele Jahre unbemerkt, sofern nicht bei der Kontrolluntersuchung oder auf Röntgenaufnahmen gezielt nach Ihnen gesucht wird. Dies ist einer der Gründe, weshalb unsere Dentalhygienikerinnen bei allen unseren Patienten regelmäßige jährliche Taschenmessungen an sechs Stellen pro Zahn durchführen. Bei dieser Messung fallen auch Konkremente auf. Ebenso sind regelmäßige Röntgenkontrollen sehr wichtig.
Die rauhe Oberfläche von Konkrementen ermöglicht den stoffwechselaktiven Bakterien eine besonders schnelle und leichte Anlagerung. Die langsam wachsende Konkrementschicht ermöglicht es den Bakterien, immer tiefer in die Tasche vorzudringen. Auch innerhalb der Konkremente finden sich Bakterien, deren Stoffwechsel allerdings herabgesetzt oder abgestorben ist.
Die kragenförmigen Auflagerungen (siehe Röntgenbild in der Abbildung) dienen zudem wie ein Dach oder Schild unter dem sich Bakterien und Entzündungen „geschützt“ vermehren können, ohne dass eine Zahnbürste herankäme.
Auf diese Weise begünstigt ein Konkrement einen entzündungsbedingten Knochenabbau um einen Zahn herum. Parodontitis, also Entzündungen des Zahnhalteapparates (Knochen, Fasern und Zahnfleisch) stellen leider nach wie vor nach Karies vor die zweithäufigste Erkrankung der Zähne dar. Bei ca. der Hälfte aller Erwachsenen findet sich hierzulande eine mittelgradige oder schwere Parodontalerkrankung. Parodontitis ist daher eine Volkskrankheit und die konsequente und vollständige Entfernung von Konkrementen ist einer der wichtigsten Schritte in der Therapie. Menschen mit Parodontalproblemen erkennt man sehr häufig an einem charakteristischen unangenehmen Mundgeruch, der dem Betroffenen selbst aber nicht auffällt.
Als Folge der durch die Konkremente unterhaltenen Entzündungen tritt häufig mehr oder minder starkes Zahnfleischbluten auf. Dieses wird nicht besser, so lange die Ursachen – nämlich Bakterien – in den Taschen zusammen mit den Konkrementen nicht entfernt werden. In einigen Fällen sitzen aber die Konkremente bereits so tief, dass an der Oberfläche nach nur oberflächlicher Zahnreinigung keine Entzündungszeichen wie Blutung oder Rötung zu erkennen sind. Dies bedeutet jedoch keinesfalls, dass eine Therapie überflüssig wäre, im Gegenteil: Da hier bereits mehrere Millimeter Knochen verlorengegangen sind, ist es von entscheidender Bedeutung, eine Therapie einzuleiten, um ein Fortschreiten der Erkrankung mit ggf. drohendem Zahnverlust zu verhindern.
In stark fortgeschrittenen Fällen ist ein Zahnerhalt häufig nicht mehr möglich. Das Risiko jahrelang unbehandelter Konkremente besteht demnach im Zahnverlust.
Unseren Dentalhygienikerinnen und Zahnärzten stehen eine Reihe von Möglichkeiten zur Verfügung um Konkremente so schonend wie möglich von den Wurzeloberflächen zu entfernen. Dazu gehören: Handinstrumente (root scaling and planing), Schall- oder Ultraschallaktivierte Instrumente, Pulverstrahlgeräte, oder diamantierte Instrumente (rotierend oder schwingend). Egal wie, Konkremente müssen weg und auch die anderen möglichen Ursachen der Zahnfleischentzündung behandelt werden, dann können Ihre Zähne ein Leben lang erhalten werden.
Dr. Jan Hajtó