Implantat heute: 3D Diagnostik, virtuelle Implantat-Positionierung und digitale Schablonenherstellung
Ich selbst mache keine Implantatchirurgie. Denn: Die Implantologie ist eine Disziplin in der Zahnheilkunde, die vieler Jahre oralchirurgischer Erfahrung und umfangreicher regelmäßiger Praxis bedarf. Einfache Fälle können zwar von den meisten Zahnärzten erfolgreich und vorhersagbar implantiert werden. Doch leider begegnet uns in der Zahnheilkunde der einfache Regelfall nur eher selten. Bei der Mehrzahl der Fälle liegen Besonderheiten oder individuelle erschwerende Bedingungen vor. Dies kann in der Anatomie, in der Vorgeschichte (z.B. Knochenverlust) oder anderen individuellen Faktoren (z.B. Knochenqualität, funktionellen Gegebenheiten) begründet sein. Hinzu kommt, dass die genaue Positionierung eines Zahnimplantates von entscheidender Bedeutung für den langfristigen Erfolg ist. Denn aufgrund der geringen Größe von Zähnen kommt es hier auf Genauigkeiten im Millimeterbereich an. Nicht nur die korrekte Lage des Implantates in allen drei Raumrichtungen sondern auch die Neigung muss genau eingestellt sein, um eine optimale zentrale Belastung zu erzielen und eine gleichmäßig geformte Zahnkrone mit einem hygienisch geformten Zahnhals am Zahnfleischrand herstellen zu können. Auch ist es wichtig das Implantat tief genug zu versenken, damit nicht bei einem Zahnfleischrückgang die Implantatschrabe zum Vorschein kommt.
Allein aus diesen Gründen ist es grundsätzlich besser wenn die Implantatposition und Neigung an der späteren prothetischen Versorgung ausgerichtet ist und durch eine Bohrhilfe dem Chirurgen genau vorgegeben ist. Daneben bietet eine solche Operationsschablone maximale Sicherheit, dass die Implantate optimal in den Knochen gesetzt werden und nicht versehentlich Nerven oder Nachbarzähne verletzt werden.
Der Ausgangspunkt zur Herstellung einer Implantatschablone ist ein digitales Modell der späteren Zahnsituation. Dies wird von unserem eigenen Labor entweder als ein Scan einer auf einem Gipsmodell aus Wachs aufgebauten Vorlage angefertigt oder gleich komplett digital erstellt wie in Abb. 1 zu sehen ist. Dieser Datensatz wird dann in der Implantatplanungssoftware des Implantologen mit einer 3D Röntgenaufname (sog. DVT – Digitales Volumentomogramm) überlagert und der Operateur kann auf dem Rechner die Implantate exakt in der Idealposition platzieren (Abb. 2). Anhand dieser Daten wird im Rechner eine Führungsschablone konstruiert (Abb. 3) die mittels eines 3D Druck Verfahrens ausgegeben wird.
Abb. 1: Die neuen Zähne werden in einer speziellen Software virtuell aufgestellt. (Hier ein Unterkieferfall)
Abb.2: Der Datensatz mit den neuen Zähnen wird mit der 3D Röntgenaufnahme überlagert (Oberkieferfall mit zwei seitlichen Schneidezähnen). Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Dirk Steinmann.
Abb. 3: 3D Darstellung des Knochens mit Implantaten und Bohrschablone. Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Dirk Steinmann.
Diese Methode stellt sicher, dass ein Implantat so optimal gesetzt werden kann, wie es heute technisch möglich ist, und das Risiko einer Fehlpositionierung minimiert wird. Da die Strahlenbelastung bei den heutigen digitalen Röntgengeräten äußerst niedrig ist, ist für diese Art von Eingriffen die 3D Aufnahme auf jeden Fall gerechtfertigt. Ein DVT verursacht dabei nur einen Bruchteil der Strahlenbelastung eines CTs (Computertomogramm).
Abb. 4 zeigt das Implantat-Ergebnis des Falles mit den zwei oberen seitliche Schneidezähnen aus Abb. 2 und 3 von Dr. Steinmann. Hierbei handelt es sich um Nichtanlagen der Zähne. In solchen Fällen nähern sich die Wurzeln der Nachbarzähne meist einander an und das Platzangebot für die Implantate ist sehr eingeschränkt. Die Gefahr einer Schädigung der vitalen Wurzeln der Nachbarzähne ist dabei sehr hoch. Das Panoramaröntgen in Abb. 4 mit den Eingebrachten Implantaten zeigt, wie präzise das Verfahren ist und auch in derart grenzwertigen Fällen eine millimetergenaue Implantation ermöglicht. Sehr interessant in diesem Zusammenhang ist die Aussage von Dr. Steinmann zu diesem Fall, dass er „Freihand“ niemals die Ausrichtung gewählt hätte, die ihm der PC letztendlich als die beste vorgegeben hat.
Abb. 4: Inserierte Implantate der seitlichen oberen Schneidezähne. Mit freundlicher Genehmigung von Dr. Dirk Steinmann.
Schließlich reduziert eine Implantatschablone die Zeit des Eingriffes und ist so weniger belastend für die Gewebestrukturen und den Patienten. In bestimmten Fällen ist es sogar möglich, ohne ein großflächiges Aufklappen des Zahnfleisches nur durch eine kleine gestanzte Öffnung durch das Zahnfleisch schonender zu implantieren.
Die Entwicklung der DVT Geräte schreitet stetig voran und in Zukunft wird die Strahlenbelastung weiter sinken sowie die Bildqualität weiter verbessert werden. Zahnimplantate „freihand“ und ohne 3D Diagnostik gehören zunehmend der Vergangenheit an und ich selbst würde mir heute auch kein Implantat mehr ohne diese unverzichtbare technische Untertsützung setzen lassen.
Dr. Jan Hajtó